Sonntag, 07.04.2024
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in den kommenden Wochen stehen die Abiturprüfungen an, und aus diesem Grund wollen wir den Fokus in diesem Newsletter auf Smartwatches, Smartphones und deren technische Möglichkeiten setzen.
Medialen Berichten zufolge haben im letzten Jahr Abiturientinnen und Abiturienten in Hamburg vermutlich während ihrer Abschlussprüfungen auf das Tool ChatGPT zurückgegriffen. In einer Situation bemerkte eine Lehrkraft den Täuschungsversuch direkt während der Prüfung, während in 20 weiteren Fällen Unregelmäßigkeiten erst bei der Bewertung der Arbeiten auffielen. Die eingereichten Aufsätze wiesen zum Teil keine Fehler auf, zeigten jedoch in anderen Abschnitten erhebliche Schwächen. Durch den Einsatz einer Plagiatssoftware, die die Wahrscheinlichkeit berechnet, ob ein Text durch ChatGPT verfasst wurde, konnte der Verdacht der Pädagoginnen und Pädagogen offenbar bestätigt, aber nicht nachgewiesen werden.
Wird ein Betrugsversuch mit einem Smartphone während der Prüfungsphase direkt von einer Lehrkraft entdeckt, muss dieser dokumentiert werden, und das weitere Vorgehen wird gemäß §57 (GSO) vom Prüfungsausschuss festgelegt: „Bedient sich eine Schülerin oder ein Schüler unerlaubter Hilfe oder macht den Versuch dazu (Unterschleif), so wird die Prüfungsleistung mit 0 Punkten bewertet. Als Versuch gilt auch das Bereithalten nicht zugelassener Hilfsmittel nach Beginn der Prüfung.“ https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayGSO-57
Demnach gilt es auch als Täuschungsversuch, ein Smartphone, eine Smartwatch, ein Kameraband oder Kopfhörer während der Prüfungszeit bei sich zu haben, sofern die Schülerinnen und Schüler davon unterrichtet wurden. Wir raten einerseits, die schulinterne Mediennutzungsordnung mit diesem Passus zu erweitern, diese Regelung in der gesamten Schulfamilie zu kommunizieren und andererseits, explizit diesen Hinweis in den Handlungsanweisungen und -empfehlungen zum Verhalten der Abiturientinnen und Abiturienten aufzunehmen und während der Vollversammlung vor dem Abitur deutlich zu kommunizieren.
Die Klage eines Schülers aus dem Jahr 2021, der wegen eines entdeckten Smartphones null Notenpunkte auf seine Abiturprüfung erhielt und somit durchfiel, wurde abgewiesen: Trotz der Tatsache, dass der Schüler vor Betreten des Prüfraums nicht erneut aufgefordert wurde, das Smartphone abzugeben, entschied das Gericht im Sinne des Prüfungsausschusses. Es wurde davon ausgegangen, dass die Prüflinge in dieser Situation auch selbst Verantwortung übernehmen müssen. https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-22562?hl=true
Ein Verdacht über die Nutzung nicht zugelassener Hilfsmittel, im Speziellen der Einsatz von KI-Textgeneratoren wie ChatGPT, lässt sich im Nachhinein zwar vermuten, aber trotz Plagiatssoftware schwer beweisen, da die Ergebnisse auf Deep Learning gründen und damit deren Herkunft schwer nachzuverfolgen ist: Die Texterzeugung dieser KI basiert auf neuronalen Netzwerken, die den ausgegebenen Text – und damit jeden einzelnen Buchstaben, jedes Wort, jeden Satz, jeden Absatz auf Basis ihrer Trainingsdaten immer neu zusammenstellen. In diesem Sinne gab es für die zwanzig Abiturientinnen und Abiturienten in Hamburg, die unter Verdacht standen, mittels KI während der Abiturprüfungen getäuscht zu haben, keine Konsequenzen.
Als Lehrkraft ist es wichtig, sich bewusst zu sein, wie Schülerinnen und Schüler potenziell versuchen könnten, bei Prüfungen zu betrügen. Dies gilt nicht nur beim Abitur, sondern beginnt unserer Erfahrung nach schon in der Unterstufe:
Hier eine kleine Auswahl der technischen Möglichkeiten des Spickens:
Spicken mit der Smartwatch:
- Verwenden von versteckten Notizen auf der Smartwatch.
- Ein Foto der Notizen als Bildschirmhintergrund. Durch Tippen erscheint das Bild.
Spicken mit dem Smartphone:
- Notizen als digitalen Spicker nutzen.
- Mit der Kamera und der dort beinhaltenden Textlesefunktion oder der App Google Lens den Angabentext scannen (dauert ein, zwei Sekunden) und anschließend: a) einem schlaueren Freund oder Nachhilfelehrer schicken, der einem die Lösung zurücksendet, b) selbst in Chat GPT eingeben und die Lösung abschreiben.
Spicken mit Kameraband und mit der Smartwatch (eher selten):
- Foto mit dem Kameraband am Handgelenk aufnehmen, per Smartwatch an einen Freund schicken, Lösung anschließend abschreiben.
Spicken mit Kopfhörern:
- unauffällig die Lösung diktieren lassen. Indem man die Kopfhörer drückt, kann man das Gespräch beenden.
- Eine Audiodatei aufnehmen und dann während der Prüfung anhören und mitschreiben. (Die Liste erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit ;-)
Für diese Thematik oder weitere Bedarfe bieten wir Berater digitaler Bildung und das Referentennetzwerk Fortbildungen in Form von SchilFs und Videokonferenzen für alle Gymnasien der Oberpfalz an.
Schreiben Sie uns gerne, wenn Sie Wünsche oder Anregungen haben.
Herzliche Grüße
Birgit Zimmermann, Peter Zimmerer und David Bartmann Beratung digitale Bildung für die Gymnasien in der Oberpfalz
______________________
Kommende Fortbildungen:
RLFB Gamification - ein Thema für die Schule?
18.4.2024
9:00 -16:000 Uhr
Veranstaltungsort: BayernLab Nabburg, Obertor 10, 92507 Nabburg
Fibs: https://fibs.alp.dillingen.de?event_id=363218
Weitere Informationen, wie Anmeldung und der Link zu den Videokonferenzen des Referentennetzwerks befinden sich auf der Homepage.
--------
Besuchen Sie uns auf unserer Homepage unter https://gymnasium-oberpfalz.de/veranstaltungsuebersicht/
************
Leiten Sie diesen Newsletter gerne an Kolleginnen und Kollegen weiter oder machen Sie auf das Newsletterangebot aufmerksam (Einschreibung unter: https://gymnasium-oberpfalz.de/newsletter/). Dafür bedanken wir uns bei Ihnen.
|